Das Ruhrgebiet als „lernende Metropole“

Urbane Gärten, öffentliche Tauschregale, Repair Café, Kreativquartiere, aber auch der Emscherumbau, die Landmarken, der Radschnellweg. Der Strukturwandel im Ruhrgebiet setzt sich ’nachhaltig‘ fort. In der Zivilgesellschaft sind es zahlreiche Initiativen, die das Bild der Städte und die Art des Zusammenlebens hier und dort beginnen zu verändern. Daneben leisten Wirtschaft, Wissenschaft und auch die Kommunen ihren Beitrag. Doch oft scheint es, als ob an allen Ecken und Enden etwas gemacht wird, aber das Große Ganze sich nicht zusammenfügen will oder lässt?

Diese Vielfalt der Nachhaltigkeits-Aktivitäten im Ruhrgebiet wurde auch bei der Tagung ‚Die lernende Metropole Ruhr – Nachhaltige Entwicklung zusammenbringen‘ deutlich (23.10.2015, RVR Essen). Mehrfach betonte Moderator Peter Helbig, dass „richtig viel schon gemacht wird hier im Ruhrgebiet“. Und so gestaltete sich die Tagung als ein Streifzug durch verschiedene gesellschaftliche Bereiche, die Nachhaltigkeit fördern und fordern. Über allen Beiträgen schwebte dabei die Frage: Wie lässt sich nachhaltiges Handeln vermitteln? Wie können wir dabei voneinander lernen? Seitens der Politik stellte Viktor Haase, Referatsleiter fachübergreifende Umweltangelegenheiten MKULNV NRW, die NRW-Nachhaltigkeitsstrategie vor. Dabei verwies er besonders auf das Potential, dass in NRW in den verschiedenen Bildungseinrichtungen steckt: 700.000 Kita-Kinder, 2,6 Mio. Schüler und 700.000 Studierende, und schließlich auch die Berufskollegs, die  für neue Ausbildungsangebote begeistern könnten.

Freilich müssen diese erst geschaffen werden. Die Stadt Essen beispielsweise verfolgt dafür das Ziel, dass bis 2025 rund 20.000 Grüne Jobs neu entstehen, erklärte Angela Siepmann vom Umweltamt Essen. Sie präsentierte wie sich die Stadt Essen für den Titel ‚Grüne Hauptstadt Essen‘ mehrfach beworben hatte; und was schließlich die Jury überzeugte, den Titel 2017 an Essen zu verleihen.

Visionen für die Zukunft der Stadt haben auch BottropGelsenkirchen und der Kreis Recklinghausen. Alle drei nehmen am Wettbewerb Zukunftsstadt teil und gehören zu insgesamt 51 Kommunen, die den Weg in eine zweite und dritte Phase schaffen wollen. Bildung nimmt bei allen drei Beispielen eine wichtige Rolle ein. Gelsenkirchen versteht sich zum Beispiel als ‚lernende Stadt‘ und will durch verschiedene Veranstaltungsformate, BürgerInnen, Verwaltungsmitarbeiter und Engagierte aus dem Bildungsbereich zusammenbringen.

Und die lokale Wirtschaft? Auch sie kann von Nachhaltigkeitsinitiativen profitieren lernen. Ein Beispiel lieferte Peter Reichenbach vom RCE Ruhr, der dort das Projekt sevengardens leitet. Kinder, Jugendliche und Erwachsene lernen in Färbergärten, wie sie Farbe aus Pflanzen gewonnen können. Vermittelt wird dabei nicht nur eine alte Kulturtechnik. Die TeilnehmerInnen erleben, wie sie etwas gestalten können und wie vor allem die Umwelt geschont wird. Peter Reichenbach betonte, hier lässt sich eine Verbindung ziehen zur lokalen Wirtschaft, die sich zum Beispiel dieser Prozesse bedienen könnte.

Doch wer bringt die verschiedenen Gruppen, Ideen und Aktionen zusammen? Ist das Zusammenfügen eine Aufgabe der Landespolitik, die die verschiedenen Aktivitäten moderiert? Oder soll mehr in und durch organisierte Netzwerke gesteuert werden? Wer stellt Freiräume zur Verfügung, um Ideen ausprobierbar und damit erlebbar zu machen? Wie lässt sich mit Konfliktfeldern umgehen? Wie kann hier vor allem das Lernen einen Perspektivwechsel ermöglichen und den Boden für eine gelungene Diskussionskultur bereiten?

Eine Dokumentation zur Tagung gibt es hier.

Soziale Innovationen

Um die Frage: Wie werden wollen wir morgen leben? ging es auch beim Forum des Fortschritts ‚Soziale Innovationen‘ (26.10.2015, Haus der Universität Düsseldorf). Urban Gardening, Repair Café, Food-und Car-Sharing oder auch Co-Working sind Beispiele für solche soziale Innovationen. Sie sind aus der Gesellschaft heraus entstanden, um gesellschaftliches Miteinander zu verändern. Theoretischer fasste es Prof. Dr. Jürgen Howaldt, Leiter der Sozialforschungsstelle Dortmund: „Eine Soziale Innovation ist die Neukombination sozialer Praktiken“.

Wie das konkret gehandhabt werden kann, erklärte Valentin Thurn, Vorsitzender von Foodsharing e.V. und Mitbegründer des Online-Portals Taste of Heimat. Hierbei geht es um nachhaltigen Lebensmittelkonsum und die Frage, wie es sich vermeiden lässt, dass wir so viele Lebensmittel wegwerfen.  In Köln startet beispielsweise dafür ein Pilotprojekt, bei dem Ernährungsräte gegründet werden, in denen Stadtverwaltung und Zivilgesellschaft, nach Vorbild amerikanischer food policy councils, zusammenarbeiten. Räume schaffen und fachliche Grenzen aufbrechen, das versucht auch Yvonne Firdaus mit ihrem Coworking Space GarageBilk. Bei ihr sollen die Leute nicht nur einfach einen Schreibtisch nutzen. Sie achtet darauf, aus welchen Bereichen die Nutzer kommen und wie sie durch die geteilte Arbeitsfläche voneinander lernen können. Zusätzliche Veranstaltungen sollen ebenfalls für Austausch und Vernetzung sorgen.

Mehr zu dem Thema:
‚Soziale Innovationen für Deutschland. Version 2.0‘ (PDF)

Also, gemacht wird so einiges. Doch wie viel verändert sich?

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